Ziele und Aufgaben des ESZB



Das vorrangige Ziel des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) gemäß Artikel 2 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (ESZB-Satzung) ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, unterstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft, um zur Verwirklichung der Ziele der Gemeinschaft beizutragen. Bei der Verwirklichung seiner Ziele handelt das ESZB im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wodurch ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert wird.

Die grundlegenden Aufgaben des ESZB sind in Artikel 3 der ESZB-Satzung festgelegt. Diese Aufgaben bestehen darin,
  • die Geldpolitik der Gemeinschaft festzulegen und auszuführen,
  • Devisengeschäfte durchzuführen,
  • die offiziellen Währungsreserven der teilnehmenden Mitgliedstaaten zu halten und zu verwalten,
  • das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern, und
  • zur reibungslosen Durchführung der von den zuständigen Behörden auf dem Gebiet der Aufsicht über die Kreditinstitute und der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen beizutragen.

Währungspolitische Aufgaben und Operationen des ESZB

Die ESZB-Satzung (Artikel 17 - 24) gibt die währungspolitischen Aufgaben und Operationen des ESZB vor. Auf der Grundlage dieser Bestimmungen legte das Europäische Währungsinstitut (EWI) einen Handlungsrahmen für die Geldpolitik des ESZB fest. Die endgültige Entscheidung über den Handlungsrahmen wird vom Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) getroffen werden. Der EZB-Rat kann beschließen, nicht alle vorhandenen Optionen zu nutzen oder auch bestimmte Merkmale der unten aufgeführten Instrumente und Verfahren ändern. Nähere Einzelheiten dazu können den EWI-Publikationen „Die einheitliche Geldpolitik in Stufe 3 - Festlegung des Handlungsrahmens" (Januar 1997) und „Die einheitliche Geldpolitik in Stufe 3 - Allgemeine Regelungen für die geldpolitischen Instrumente und Verfahren des ESZB" (September 1997) entnommen werden.

Geldpolitische Instrumente

Der Handlungsrahmen besteht aus einer Reihe von Instrumenten; das ESZB wird Offenmarktgeschäfte durchführen, ständige Fazilitäten anbieten und kann verlangen, daß Kreditinstitute Mindestreserven auf Konten im ESZB halten.

Offenmarktgeschäfte

Offenmarktgeschäfte werden in der Geldpolitik des ESZB eine wichtige Rolle spielen, um Zinssätze und die Liquidität am Markt zu steuern und Signale bezüglich des geldpolitischen Kurses zu geben. Dem ESZB werden fünf Arten von Instrumenten zur Durchführung von Offenmarktgeschäften zur Verfügung stehen. Wichtigstes Instrument sind die befristeten Transaktionen (in Form von Pensionsgeschäften oder Pfandkrediten). Weitere Instrumente, die das ESZB nutzen kann, sind definitive Käufe bzw. Verkäufe, die Emission von Schuldverschreibungen, Devisenswapgeschäfte und die Hereinnahme von Termineinlagen. Bei Offenmarktgeschäften wird die Initiative von der EZB ausgehen, die auch über das einzusetzende Instrument und die Bedingungen für die Durchführung der Geschäfte entscheiden wird. Offenmarktgeschäfte werden in Form von Standardtendern, Schnelltendern oder bilateralen Geschäften durchgeführt werden können. Im Hinblick auf ihre Zielsetzung, den Rhythmus und die Verfahren können die Offenmarktgeschäfte des ESZB in die vier folgenden Kategorien unterteilt werden:
  • Als Hauptrefinanzierungsinstrument dienen regelmäßig stattfindende liquiditätszuführende befristete Transaktionen in wöchentlichem Abstand und mit einer Laufzeit von zwei Wochen. Sie werden von den nationalen Zentralbanken im Rahmen von Standardtendern und nach einem vorher festgelegten Zeitplan durchgeführt werden. Diesen Hauptrefinanzierungsoperationen wird bei der Verfolgung der Ziele der Offenmarktgeschäfte des ESZB eine Schlüsselrolle zukommen; über sie wird dem Finanzsektor der größte Teil des Refinanzierungvolumens zur Verfügung gestellt werden.
  • Die längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte sind liquiditätszuführende befristete Transaktionen in monatlichem Abstand und mit einer Laufzeit von drei Monaten. Sie werden von den nationalen Zentralbanken im Wege von Standardtendern und gemäß einem vorher festgelegten Zeitplan durchgeführt werden. Über diese Geschäfte sollen den Geschäftspartnern zusätzliche längerfristige Refinanzierungsmittel zur Verfügung gestellt werden. Im allgemeinen wird das ESZB mit diesen Geschäften nicht die Absicht verfolgen, dem Markt Signale zu geben, und wird deshalb im Regelfall als Preisnehmer auftreten.
  • Feinsteuerungsoperationen können von Fall zu Fall zur Steuerung der Marktliquidität und der Zinssätze durchgeführt werden, und zwar insbesondere, um die Auswirkungen unerwarteter Liquiditätsschwankungen auf die Zinssätze auszugleichen. Die Feinsteuerung wird in erster Linie über befristete Transaktionen erfolgen, u. U. aber auch in Form von definitiven Käufen bzw. Verkäufen, Devisenswapgeschäften und der Hereinnahme von Termineinlagen. Die Feinsteuerungsinstrumente und -verfahren werden der jeweiligen Art der Transaktion und den dabei verfolgten speziellen Zielen angepaßt werden. Feinsteuerungsoperationen werden üblicherweise von den nationalen Zentralbanken über Schnelltender oder bilaterale Geschäfte durchgeführt werden.
Der EZB-Rat wird entscheiden, ob in Ausnahmefällen Feinsteuerungsoperationen von der EZB selbst durchgeführt werden.

Darüber hinaus kann das ESZB strukturelle Operationen über die Emission von Schuldverschreibungen, befristete Transaktionen und definitive Käufe bzw. Verkäufe durchführen. Diese Operationen werden genutzt werden, wenn die EZB die strukturelle Liquiditätsposition des Finanzsektors gegenüber dem ESZB (in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen) anpassen will. Strukturelle Operationen in Form von befristeten Transaktionen oder im Wege der Emission von Schuldverschreibungen werden von den nationalen Zentralbanken über Standardtender durchgeführt werden. Strukturelle Operationen mittels definitiver Käufe bzw. Verkäufe werden im Wege bilateraler Geschäfte erfolgen.


Ständige Fazilitäten
Die ständigen Fazilitäten dienen dazu, Übernachtliquidität bereitzustellen oder zu absorbieren. Sie setzen Signale bezüglich des allgemeinen Kurses der Geldpolitik und stecken Ober- und Untergrenze der Geldmarktsätze für Tagesgelder ab. Die zugelassenen Geschäftspartner werden zwei ständige Fazilitäten, die dezentral von den nationalen Zentralbanken verwaltet werden, auf eigene Initiative in Anspruch nehmen können:
  • Die Geschäftspartner werden die Spitzenrefinanzierungsfazilität nutzen können, um sich von den nationalen Zentralbanken Übernachtliquidität zu einem vorgegebenen Zinssatz gegen refinanzierungsfähige Sicherheiten zu beschaffen. Der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität wird im allgemeinen die Obergrenze des Tagesgeldsatzes bilden.
  • Die Geschäftspartner werden die Einlagefazilität nutzen können, um bei den nationalen Zentralbanken Guthaben bis zum nächsten Geschäftstag anzulegen. Der Zinssatz für die Einlagefazilität wird im allgemeinen die Untergrenze des Tagesgeldsatzes bilden.


Mindestreserven
Es wurden Vorbereitungen getroffen, damit das ESZB ab dem Beginn der Stufe Drei Mindestreserven festlegen kann. Der EZB-Rat wird darüber entscheiden, ob eine Mindestreservepflicht tatsächlich eingeführt wird. Ein Mindestreservesystem würde dazu dienen, die Geldmarktzinsen zu stabilisieren, eine strukturelle Liquiditätsknappheit herbeizuführen (oder zu vergrößern) und möglicherweise die Geldmengensteuerung zu erleichtern. Die Reservepflicht des einzelnen Instituts würde anhand bestimmter Positionen seiner Bilanz festgelegt. Um die angestrebte Stabilisierung der Zinssätze zu erreichen, wäre es den Instituten im Rahmen des Mindestreservesystems des ESZB gestattet, von den Bestimmungen über die Durchschnittserfüllung Gebrauch zu machen, d. h. ihre Mindestreservepflicht unter Zugrundlegung der tagesdurchschnittlichen Reserveguthaben innerhalb einer einmonatigen Erfüllungsperiode zu erfüllen.


Geschäftspartner

Der geldpolitische Handlungsrahmen des ESZB ist so festgelegt, daß die Teilnahme eines großen Kreises von Geschäftspartnern gewährleistet ist. Falls eine Mindestreservepflicht besteht, dürfen nur Institute, die der Mindestreserve unterworfen sind, die ständigen Fazilitäten in Anspruch nehmen und an Offenmarktgeschäften über Standardtender teilnehmen. Falls keine Mindestreservepflicht eingeführt wird, wird sich der Kreis der Geschäftspartner im allgemeinen auf alle Kreditinstitute im Euro-Währungsraum erstrecken. Für die Teilnahme an Feinsteuerungsgeschäften kann das ESZB eine begrenzte Anzahl von Geschäftspartnern auswählen. Bei definitiven Käufen bzw. Verkäufen wird es a priori keine Beschränkungen des Kreises der Geschäftspartner geben. Devisenswapgeschäfte, die aus geldpolitischen Gründen durchgeführt werden, werden mit devisenmarktaktiven Instituten abgeschlossen.

Zentralbankfähige Sicherheiten

Artikel 18.1 der ESZB-Satzung verlangt, daß für alle Kreditgeschäfte des ESZB ausreichende Sicherheiten zu stellen sind. Das ESZB wird ein breites Spektrum von Sicherheiten für seine Operationen akzeptieren. Dabei wird, im wesentlichen für interne Zwecke des ESZB, zwischen zwei Gruppen von zentralbankfähigen Sicherheiten unterschieden, den Kategorie-1-Sicherheiten und den Kategorie-2-Sicherheiten. Kategorie-1-Sicherheiten sind marktfähige Schuldtitel, die von der EZB festgelegte einheitliche und im gesamten Euro-Währungsraum geltende Zulassungskriterien erfüllen. Kategorie-2-Sicherheiten sind zusätzliche marktfähige und nicht marktfähige Sicherheiten, die für die nationalen Finanzmärkte und Bankensysteme von besonderer Bedeutung sind. Die Zulassungskriterien für diese Sicherheiten werden von den nationalen Zentralbanken festgelegt, sie bedürfen aber der Zustimmung der EZB. Hinsichtlich der Qualität der Sicherheiten und ihrer Zulassung zu den verschiedenen Arten von geldpolitischen Geschäften des ESZB wird es zwischen den beiden Kategorien keine Unterschiede geben (abgesehen davon, daß bei definitiven Käufen bzw. Verkäufen normalerweise keine Kategorie-2-Titel verwendet werden). Die Zulassungskriterien für zentralbankfähige Sicherheiten für geldpolitische Geschäfte des ESZB sind die gleichen wie für die Besicherung von Innertageskrediten. Die Geschäftspartner des ESZB können refinanzierungsfähige Sicherheiten auch grenzüberschreitend nutzen - d. h. sie können sich bei der Zentralbank des Mitgliedstaates, in dem sie ihren Sitz haben, refinanzieren und dafür in einem anderen Mitgliedstaat hinterlegte Sicherheiten verwenden.

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