Einführungsvortrag 8 Weilar/2001

Skript für Einführungsvortrag


Danke an Clabauter für seine beiden Vorträge für das Kapitalseminar Kassel/2000, die mir sehr stark geholfen haben und an die ich mich anlehnen konnte.


1 Vorabhinweis

Wir versuchen hier als Vortragskollektiv zu agieren. Dazu gehört eine gemeinsame Erarbeitung des Stoffes, auch in anderen Seminaren und eine zusammenhängende Darstellungsweise als Vortragskette.

-experimenteller charakter, im fluss, in entwicklung

-hinweis auf bisherige seminare


Webseite: www.apronsknie.de bzw www.mxks.de


2 Fahrplan

-abfolge der vortraege als auf einander bezogen und aufbauend darstellen


3 Begriffe und Grundlagen


Ziel:

Ziel ist die Darstellung der notwendigsten Grundbegriffe in hinreichend kurzer Form als Voraussetzung des Verstehens der folgenden Vorträge. Dabei wird kurz auf die von Marx benutzte und von ihm entwickelte wissenschaftliche Methode eingegangen, bzw. ihrer Grundlage. Dabei benutzen wir eine angemessen verkürzte, lineare, schematische Darstellungsform. Um sich weitergehend mit diesem Thema auseinanderzusetzen ist unbedingt eine vertiefende Beschäftigung notwendig. Wir haben hier nur einen Anriß !


Philosophische Grundlage:

Diese finden wir im historischen Materialismus und der materialistischen Dialektik. Hierbei haben wir es mit einer eigenen Wissenschaftsmethode zu tun, die sich auf alle Einzelwissenschaften bezieht. Wir benutzen einen anderen Wahrheitsbegriff als die bürgerlichen Wissenschaften und Auffassung von Wissenschaft selbst. Dazu gehört die Betrachtung der Geschichte genauso wie der Ästhetik oder der politischen Ökonomie.


So ist das Kapital von Marx die Kritik der politischen Ökonomie, als Kritik an einer bürgerlichen Wissenschaft, die die bürgerliche Wissenschaftsmethode verwendet. Es ist eine konsequente Umsetzung seiner eigenen Methode. Die Grundbegriffe der politischen Ökonomie, oder Volkswirtschaft, werden gleichsam kritisch neu bestimmt und damit aufgehoben. Die neue Darstellung des Gegenstandes, die kapitalistische Warenproduktion wird zugleich eine Kritik an ihren wissenschaftlichen Stützen wie Ricardo und Smith, wobei diese aber dialektische kritisiert werden, also auch in dem Wissen, auf ihnen aufzubauen und ihre Anschauung als eine ihrer Zeit zu sehen und in ihrer Interessenhaltigkeit. Also eine Kritik an dieser gesellschaftlichen Produktionsweise, der kapitalistischen Produktion, wie auch der ihr eigenen wissenschaftlichen Sichtweise, der politischen Ökonomie.


Die Methoden und Grundsätze hören sich einfach und eingängig an. Entfalten konsequent angewendet eine immense revolutionäre Potent. Sie stellt sowohl die ganze bürgerliche Wissenschaft in Frage und Kritik. Ebenso liefert sie uns ein gutes Handwerkszeug die Welt tiefer und besser zu verstehen und sie damit auch aus den Angeln heben zu können. Beginnen wir nun ganz unten oder oben, je nach Sichtweise. Aber ebenso verzichten wir auf eine ausführliche Diskussion, da dies hier nicht zu leisten ist und verweisen auf die Diskussionsrunde oder folgende Seminare zu diesem Thema.


Was ist Materialismus ?

Um diese grundsätzliche Kategorie zu erläutern kommen wir zu Grundfrage der Philosophie.

Diese besteht aus zwei Fragen:

1. Was ist das Primäre, die Materie oder das Bewußtsein.

2. Ist die Welt erkennbar.


Dabei ist nach unserer Sicht die Materie umfassend so bestimmt:

Alles was außerhalb und unabhängig vom Bewußtsein existiert, die objektive Realität, die uns in unseren Empfindungen gegeben ist und vom Bewußtsein abgebildet und widergespiegelt wird.

Hier wird von allen unterschieden abstrahiert und nur die Beziehung zum Bewußtsein ist das Bestimmende. Das Sein bestimmt das Bewußtsein.


Dabei umfaßt die Materie in ihrer Totalität, die materielle Einheit der Welt, alle diese Erscheinungen, Prozesse und Gegenständen vom Elementarteilchen bis zur menschlichen Gesellschaft und dem einzelnen Individuum. Alles in seiner Mannigfaltigkeit, dem ganzen Formenreichtum, seiner Bewegung und Entwicklung seinen Wechselwirkungen und dem Zusammenhang. Also sind insbesondere die Beziehungen die Menschen untereinander eingehen, Teil der materiellen Welt !


Materiell bedeutet also nicht nur stofflich oder gegenständlich, sondern materielles kann auch nichtstofflich sein, wie die Beziehungen unter Menschen im gesellschaftlichen Sein. Hier liegt die Wurzel des Fetischcharakters der Ware, den Marx im Kapital beschreibt.


Ebenso sind die Gesetzmäßigkeiten in der Materie objektiver Natur, dh. die Naturgesetze genauso wie die der menschlichen Gesellschaft.


Die erste Frage widergespiegelt die Frage nach dem grundsätzlichen Verhalten zwischen Subjekt und Objekt aus der Philosophiegeschichte. Der Materialismus beantwortet sie damit, daß das Primäre die Materie ist, und das Bewußtsein das Sekundäre, das Abgeleitete. Der Idealismus setzt als das Primäre das Bewußtsein und die Welt wird mehr oder minder als von ihm konstruiert dargestellt.


Die zweite Frage betrifft grundsätzlich die Erkenntnistheorie und wird vom Materialismus positiv beantwortet, genauso wie vom objektiven Idealismus (Hegel). Negativ beantwortet diese Frage der subjektive Idealismus (Luhmann).


So haben Begriffe oder Kategorien einen doppelten Charakter. Sie sind objektiv, das sie objektiv reale Dinge, Prozesse, Systeme widerspiegeln, beschreiben, bezeichnen. Sie sind aber ebenfalls Gedankendinge


Nun haben wir unseren Ausgangspunkt darin bestimmt, daß wir Materialisten sind.



Was ist nun historischer und dialektischer Materialismus?


Historischer und dialektischer Materialismus sind die beiden zusammenhängenden Grundbausteine unserer Weltanschauung. Die Materie in ihrem Sein, ihrer Existenz umfaßt 3 Seinsstufen, wobei die unteren die Voraussetzung der folgenden ist.


1. das anorganische Sein

( alles, was nicht lebendig ist, aber seine Grundlage darstellt, Elementarteilchen, Planeten, Strahlungen in Zusammenhang, Entwicklung, Wechselwirkung und Gesetzmäßigkeit)


2. das organische Sein

(die Totalität der Lebewesen in Zusammenhang, Wechselwirkung und Gesetzmäßigkeit)


3. gesellschaftliches Sein

( Gesamtheit der materiellen gesellschaftlichen Existenzbedingungen und Verhältnisse in Zusammenhang, Wechselwirkung und Gesetzmäßigkeit. Bringt das bewußte Sein, das Bewußtsein als Sekundäres, abgeleitetes, hervor. Das Sein bestimmt das Bewußtsein.)


Diese 3 Stufen sind Teile des materiellen Seins, der Materie selbst. Es sein betont, das alle diese Verhältnisse und Gesetzmäßigkeiten objektiver Natur sind, also insbesondere die gesellschaftlichen !



Der dialektische Materialismus ist die Weltanschauung, Philosophie, deren Gegenstand die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten in Natur, Gesellschaft, und im Denken ist, also mit den Gesetzen aller Seinsstufen. Es sei darauf hingewiesen, das wir auf materialistischem Standpunkt stehen und die Existenz dieser Gesetze annehmen. Darauf gehe ich nicht weiter ein. Der dialektische Charakter der Gesetze und der Untersuchungsmethode und dieser Philosophie selbst wird hierbei später erklärt.


Der historische Materialismus nun speziell beschäftigt sich mit den qualitativ von den Naturgesetzen geschiedenen allgemeinen, in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, wirkenden Gesetzmäßigkeiten. Also jene des gesellschaftlichen Seins. Im Kapital zB beschäftigt sich Marx mittels des historischen Materialismus mit der kapitalistischen Warenproduktion.


Kommen wir nun zum 2. Kernpunkt der marxschen Philosophie, der Dialektik, nachdem wir den Materialismus abrißartig erschlossen haben.


Was ist Dialektik und was ist materialistische Dialektik


Ich will euch verwirren. Dialektik ist Verwirrung eures Kopfes, ist auch ein Denken, das man euch abgewöhnt hat. Das Verwirren ist ein Widerspruch zum Anspruch und reizt zur Erkenntnis. Dialektik kann man nicht als fertig definieren, sondern ich werde der Dialektik angemessen bestimmen und umreißen.


Materialistische Dialektik ist aber nicht nur in eurem Kopf, bloßes Denken, sonder materialistisch gesehen, ist es aus der Welt in euren Kopf gekommen. Das Primäre ist die Materie, ihre Gesetze der Bewegung spiegeln sich in unseren Gesetzen des Denkens und deren Begriffen und Kategorien wider. Diese Gesetze im Bewußtsein sind nur relativ eigenständig.


Die materialistische Dialektik ist also die Wissenschaft von den allgemeinen Bewegungs- und Entwicklungsgesetzen in Natur, Gesellschaft und des Denkens.


Widerspruch


Das wesentliche Moment in der Dialektik ist der Widerspruch, die Widersprüchlichkeit der Phänomene selbst und wie sie in unserem Kopf erscheinen.


Beispiel:

das Verhältnis von Teil zum Ganzen ist höchst widersprüchlich.


1. das Ganze kann selbst Teil sein

ein Zahnrad ist Teil einer Maschine

Teil meiner Vorstellung als 'Zahnrad'

2. das Teil kann selbst ein ganzes sein

das Zahnrad ist eine Gesamtheit von Atomen und als einzelnes bewußt geformt

Das Zahnrad umfaßt einen Widerspruch in seiner materiellen Existenz, in seiner Beziehung zu anderen materiellen Dingen, anderen Maschinenteilen. Ein Widerspruch ist die Gleichzeitigkeit sich ausschließender Erscheinungen.


Das Zahnrad umfaßt aber noch ganz viele andere Widersprüche als diesen. Es ist das Identische des Nichtidentischen, Teil und doch Ganzes gleichzeitig. Dialektik ist Denken in der Einheit und Kampf der Widersprüche. Wir widerspiegeln diese Widersprüche aus der objektiven Realität in unserem Kopf.


Im Kapital werden wir immer auf die Widersprüchlichkeit der kapitalistischen Produktionsweise verwiesen, private Aneignung entgegen gesellschaftlicher Produktion. Also ein Widerspruch im gesellschaftlichen Sein. Aber wir haben auch Widersprüche in der Entwicklung der Kategorien und Begriffe selbst in der Darstellung, zB bei der Wertformanalyse (Kapital I Vortrag), also logischer Art. Hier wird der Widerspruch der einfacheren Formen durch die höheren jeweils aufgehoben, gelöst, und ein neuer Widerspruch ergibt sich. Widerspruch ist eine grundlegende Kategorie der Dialektik.

Widersprüche sind Triebfeder der Entwicklung, sie treiben zu ihrer Lösung, Vermittlung oder Aufhebung.


Beispiel:

In der Wertformanalyse zB treiben die logischen Widersprüche zu immer feineren konkreteren Kategorien, diese aufzuheben.


Die Ware selbst als Einheit von Tausch und Gebrauchswert ist ein ...


das obere Ganze die Maschine kann auch wieder ein Teil sein, einer Fabrik usw


Man sieht, es auch kommt auf den Standpunkt an ! von dem man auf die Dinge blickt und das betrifft sowohl Raum und Zeit, auch der geschichtliche Ort, der meine Vorstellung und die Dinge selbst prägt. Das Sein bestimmt das Bewußtsein.


Beispiel aus gesellschaftlichem Sein:

'König' für Menschen heute etwas anderes, als im 14.Jh

dort direktes Herrschaftsverhältnis, ausgeliefert sein, Gewalt aber auch Schutz (Widerspruch), direkte Bedrohung und Schutz des eigenen Lebens

heute eine geschichtliche Figur, Überbleibsel ohne Bezug zu unserem Leben


ein Computer hätte in der Steinzeit keine Realität, die Menschen könnten damit nichts anfangen, haben auch keinen Begriff davon.


Das beachtete die Dialektik. Dialektik ist Denken im Zusammenhang, auch des Denkens und des Denkenden in seiner Geschichtlichkeit ! (historischer Materialismus)


Die herrschenden Gedanken sind immer die Gedanken der Herrschenden.


Beispiel:

1. Das Abstrakte ist einfach, weil es wenige Bestimmungen enthält.

2. Das Abstrakte ist kompliziert, weil es den ganzen Erkenntnisprozeß, der zu ihm geführt hat enthält. Um es zu verstehen, muß man den Gang nachvollziehen.


Im Buch, der Darstellung also, ist das Abstrakte der Ausgangspunkt. In der Forschung ist es das Ergebnis. Und es ist Ausgangspunkt, Voraussetzung, weiteren Forschens. Es ist Anfang und Ende zugleich, je nach Standpunkt und Zusammenhang. Wir haben hier wieder einen dialektischen Widerspruch.


//Das betrifft das historische, als auch das logische.


Beispiel aus gesellschaftlichem Sein:

Das Forschen ändert stets das Wissen und das Gefundene. Forschen ist ein Prozeß, der Aneignung der Welt durch den Menschen in Erkenntnisform und durch praktische Umgestaltung der Welt und damit seiner selbst. Dialektik betrachtet alles in seiner Bedingtheit, Relativität und in seinem Prozeß, ständiger Veränderung !


//Dialektik hat ihre Gesetze.

Isolierte Betrachtung von Forschung und Darstellung:



Prozeß

Kategorie

Gegenstand


Forschung

Schein

das gegebene, real konkrete ist abstrakt, abstrakt Allgemeines

ohne Bestimmung, noch nicht angeeignet


Wesen

abstrakte, Begriff, Kategorie

objektive Gedankenform !

das wesentliche erkannt

Darstellung

Erscheinung

konkret, konkret Allgemeines

in seinem Reichtum erkannt

Aufstieg vom Abstrakten zu Konkreten


Weiter im Zusammenhang betrachtet geschehen beide Prozesse, Forschung und Darstellung, gleichzeitig und bedingen einander, bilden eine Einheit. Analytisch werden sie getrennt. Aber auch in Wirklichkeit existieren sie getrennt aber auch nur zusammen. Einer ohne den anderen ist sinnlos, nicht denkbar und nicht real, sie bilden eine untrennbare Einheit. Wie auch das Zahnrad den Widerspruch zwischen Teil und Ganzen repräsentiert.


Dialektik ist Einheit und Kampf der Widersprüche.


In den Begriffen und Kategorien wird die objektive Realität widergespiegelt. Aber dies objektiv und gleichzeitig in einer historischen Form.

Da dies Menschen tun, den Forschungs- und Erkenntnisprozeß, drückt sich in dessen Ergebnis, den Begriffen, wie auch dem Handeln der Menschen daraufhin, die Zeit aus, die Geschichtlichkeit, in der sie leben. Darin ihre materiellen Existenzbedingungen mit ihren Möglichkeiten, Technologie, Bildungsstand, gesellschaftliche Ordnung, deren Grundlage die Produktionsverhältnisse sind.


Nun haben wir einige wichtige Bestimmungen der Dialektik angerissen. Kommen wir nun zu wichtigen Widerspruchspaaren, die uns im folgenden immer wieder begegnen werden. Bleiben wir bei unserem Beispiel und wenden uns Wesen und Erscheinung zu.


Wesen und Erscheinung


Wesensbegriff als Anspruch an die Wissenschaft

„...alle Wissenschaft wäre überflüssig, wenn die Erscheinungsform und das Wesen der Dinge unmittelbar zusammenfielen.“ (Marx, MEW 25, S. 825).


Wesen und Erscheinung sind Grundkategorien der materialistischen Dialektik und bilden einen dialektischer Widerspruch.


Das Wesen ist die Menge aller inneren, bleibenden und allgemeinen Bestimmungen die einem Ding, Prozeß oder System notwendig zukommen. Es ist relativ stabil, befindet sich also in gewisser Weise auch in Veränderung !


Die Erscheinung hingegen ist die Gesamtheit der äußeren, zufälligen, einzelnen und veränderlichen Bestimmungen eines Dinges, Prozesses oder Systems. Es ist veränderlich und ist reicher an Bestimmungen als das Wesen.


Beide Momente bilden eine Einheit, können aber getrennt betrachtet werden und müssen in ihrer Getrenntheit beim Forschen sogar erkannt werden, um an das Wesentliche zu gelangen.


Achtung:

1. Das Wesen ist nicht getrennt von seinen Erscheinungen in einer anderen Sphäre, zB hinter den Dingen wie Gott, angesiedelt. Es wird nur analytisch, logisch getrennt betrachtet, um ihm auf die Spur zu kommen mit der Forschung. Einheit des Widerspruches, Identität


2. Es ist nicht direkt, unmittelbar zu erfahren und zu entdecken in seinen Erscheinungen, dort wird man es als solches nicht finden. Nichtidentität im Widerspruch


3. Je nach Betrachtung kann sich etwas anderes als Wesentliches in einer Erscheinung zeigen. Hier zeigt sich wieder die Relativität der dialektischen Betrachtung.


Das Erscheinen zeigt das Wesentliche, das Wesentliche muß erscheinen.


Beispiel aus anorganischem Sein:


Das Fallen aller möglichen Körper, Gegenstände zur Erde und das Drehen des Mondes um die Erde,.. sind alles Erscheinungen. Sie sind einzeln, mehr oder minder zufällig auftretend. Das Wesentliche daran, ist die Gesetzmäßigkeit der Gravitation, zB als Fallgesetz auf der Erde, was ihnen gemeinsam und allgemein, notwendig zu eigen ist.


In jedem einzelnen Fall erscheint das allgemeine Gravitationsgesetz. Das Gesetz selbst aber findet man nur in seinen Erscheinungen, es gibt es nicht alleine, da es als Eigenschaft der Materie das Verhältnis, die Wechselwirkung zwischen Teilen der Materie beschreibt (im Denken), bzw. eine solche ist (in der objektiven Realität). Und gäbe es keine solchen Erscheinungen, dann wäre die Annahme eines solchen Gesetzes sinnlos, ohne Realität und Wirklichkeit.


Beispiel aus gesellschaftlichem Sein:


Im Kapital haben wir den dialektischen Widerspruch zwischen Tauschwert und Wert einer Ware. Dabei ist das Wesentliche der Wert, der die notwendige gesellschaftliche Arbeitszeit (gnAz) ausdrückt, die in der Ware vergegenständlichte ist. Dies erscheint in verschiedensten Tauschwerten als Preisen in zB unterschiedlichen Währungen und auch in einer Währung unterschiedlich in der Zeit. Obwohl die gnAz sich ebenso, aber relativ langsam dazu, verändert.





Form und Inhalt


Kommen wir nun zu einem weiteren grundlegenden Gegensatzpaar als dialektischem Widerspruch.


Beispiele:


Wir haben Taschenbücher, wertvolle Folianten, Prachtausgaben und Normaldrucke. Das alles sind Formen von Büchern. Ihr Inhalt ist der Buch zu sein. Es wechselt hier die äußere Gestalt, der Informationsgehalt, der Inhalt des Buches, bleibt derselbe.


Ein Schmetterling durchschreitet in seinem Leben verschiedene Formen, Ei, Raupe, Puppe, Schmetterling. Aber in all diesen Formen offenbart sich dasselbe Lebewesen, als Inhalt dieser Formen. Der Inhalt entwickelt sich und nimmt zu jedem neuen Abschnitt mit veränderten Bedürfnissen, eine neue Form an. Die Entwicklung des Inhaltes ist das Treibende.


Die sich als vorherrschend entwickelte Form der Produktion als Warenproduktion geriet immer stärker in Widerspruch mit der nicht mehr entsprechenden Form der politischen Herrschaft durch den Feudaladel. Wohlbemerkt ist die Warenproduktion, als bestimmte Form der Produktion, Inhalt bezüglich der Form der gesellschaftlichen Organisation, der Feudalgesellschaft. Dieser Widerspruch entwickelte sich bis zur Errichtung der bürgerlichen Gesellschaft, also der, Form, die diesem Inhalt besser entsprach, als die alte.


Form und Inhalt spiegeln zwei objektive aspekte derselben Erscheinung/Prozess in ihrer dialektischen Einheit wieder.


Inhalt widerspiegelt die Gesamtheit der Elemente, Eigenschaften oder Tendenzen einer Erscheinung oder eines Prozesses. Er stellt das Bewegende und bestimmende Moment dar. Man könnte vom Wesen sprechen.


Form beschreibt die spezifische Verbindung der Elemente des Inhalts, ihre Organisierung, Art und weise der Zusammenhänge. Sie ist die bestimmte spezielle Existenzweise

(im jeweiligen zb historischen kontext) und äußere Modifikation des Inhaltes. Man könnte sie die oberflächliche Gestalt/Struktur nennen.


1. F u I sind untrennbar miteinander verbunden,dh sie koennen nur als einheit existieren. Eines ohne das andere ist nur gedankliche abstraktion.

2. Beide beeinflussen sich wechselseitig ! Entwickelt sich der I, spitzt sich der Widerspruch zur alten Form zu und kann er nach einer neuen F verlangen.

3. Die Form ist zum Inhalt nicht beliebig, sondern wird wesentlich von ihm bestimmt.


Ausblick


Es gibt noch eine Menge anderer wichtiger Widerspruchspaare wie Qualität/Quantität, Notwendigkeit/Zufall, Ursache/Wirkung, Möglichkeit/Wirklichkeit, ... Auf diese werden wir aber nicht weiter eingehen. Ein weiteres wichtiges Feld haben wir noch nicht beschritten, die Gesetze der Dialektik. Diese seien nur kurz genannt:

1. Umschlagen von Qualität in Quantität

2. Negation der Negation

3. Kampf und Einheit der Widersprüche als Triebkraft der Entwicklung


Nun noch ein paar wichtige grundlegende Begriffe..



Gesellschaftliches Verhältnis


Gesellschaftliches Verhältnis ist eine Kategorie des gesellschaftlichen Sein. Sie bezeichnet die Gesamtheit der wechselseitigen Beziehungen der Menschen in einer bestimmten Gesellschaftsordnung, die sich in ihrer praktischen Tätigkeit in der materiellen gesellschaftlichen Produktion und in allen Lebensbereichen herausbilden.


Hier sind alle ökonomischen, politischen und kulturellen Beziehungen inbegriffen. Sie sind Teil des gesellschaftlichen Seins und damit materiell. Sie sind offensichtlich außerhalb und unabhängig von unserem Bewußtsein. Das bedeutet, das es nicht Bewußtseinsinhalte und Vorstellungen sind, sondern wir uns Vorstellungen von ihnen machen können. Sie bilden den Rahmen der Existenz des Einzelnen, einen Teil seiner Existenzbedingungen und -bestimmungen.


Beispiel:

Ich kann mir vorstellen der Bundeskanzler zu sein, bin es darum aber noch lange nicht. Aber der Möglichkeit nach, könnte ich es werden. Das erlauben die Verhältnisse heute zumindest formal. Während ich als Bauernsohn im Mittelalter schwerlich König geworden wäre, gerade formal unmöglich.


Andererseits bedeutet das nicht, daß wir keinen Einfluß auf diese Verhältnisse hätten. Ganz im Gegenteil. Diese Verhältnisse bestehen geradezu aus unserem Handeln und werden von uns durch ihren Vollzug ständig reproduziert, erhalten und weiterentwickelt. Wir sind als Menschen also der Träger der Gesellschaft, aber eben nicht als einzelner, sondern als Gesamtheit.


Hier verbirgt sich eine spezielle Form des Widerspruches zwischen Teil und Ganzem, nämlich der zwischen Individuum und Gesellschaft. Die Gesellschaft ist das Primäre, was uns prägt, erzieht, die Sprache gibt und selbst die Formen des Denkens. Wir aber sind fähig, wenn auch nicht unbedingt als einzelner, sie zu beeinflussen und zu verändern. In der Wirklichkeit löst sich dieser Widerspruch in den Kämpfen der Interessenlagen der Menschen. Das geht vom Streitgespräch über immanenten Gerichtsprozeß, bis hin zu Tarifkonflikten oder Aufständen.


Wenn die Form, die Organisation der Gesellschaft ihrem Inhalt nach, den materiellen gesellschaftlichen Verhältnissen in einem gewissen Grade zuwiderläuft, drängt dieser zu einer Formveränderung. Insofern spricht Marx auch davon, das die Geschichte die der Klassenkämpfe ist. Wie am Beispiel ersichtlich haben die gesellschaftlichen Verhältnissen historischen Charakter.

Ändert sich die Produktionsweise, so auch die gesellschaftlichen Verhältnisse bis hinein in die entsprechenden Formen der Kunst und Kultur.


Grundsätzlich sind wir fähig die Verhältnisse in ihrem Wesen, Gesetzmäßigkeit und Bewegung zu erkennen, um sie planmäßig und bewußt auszunutzen. Das macht unsere Freiheit im engelschen Sinne aus. Ohne dieses Vermögen wäre eine kommunistische Gesellschaft, die ja gerade erstmalig eine bewußte Planung der gesamtgesellschaftlichen Reproduktion umfaßt, unmöglich.